Marktkapital oder BIP – Welche Gewichtung ist besser?
William Sharpe, Nobelpreisträger und einer der geistigen Väter der modernen Kapitalmarkttheorie hat bereits vor über 30 Jahren eine globale marktkapitalgewichtete Portfoliostruktur als Basis einer bestmöglichen längerfristigen Vermögensanlage empfohlen. Doch schon seit Jahren schlagen Zweifler andere Wege vor. Sie lehnen bei der Aktienanlage eine Orientierung am marktkapitalbasierten MSCI-Weltindex ab und bezeichnen diesen sogar als „Fehlkonstruktion“, da er aus ihrer Sicht die USA überstark betont und die Schwellenländer vernachlässigt. Nach der Meinung der meisten Skeptiker sollte sich die optimale Portfoliostruktur stärker an der Wirtschaftskraft (BIP) der einzelnen Regionen und weniger an dem Wert der Aktiengesellschaften (Marktkapital) orientieren.
Betrachten wir zunächst die Fakten: In der Tat hängen die US-Unternehmen den Rest der Welt immer weiter ab. Sie sind die Giganten der Weltbörsen. Neun der zehn teuersten Unternehmen der Welt stammen aus den USA und über 60 der Top-100 haben dort ihren Stammsitz. Im Ergebnis setzt sich der aktuelle MSCI-Weltindex - grobgegliedert nach Regionen - wie folgt zusammen:
Nun haben allerdings diverse empirische Studien gezeigt, dass sich immer wieder Zeiträume finden lassen, in welchen eine Aktienmarktgewichtung nach BIP eine bessere Wertentwicklung geliefert hat als die Gewichtung nach Marktkapital. Der Grund dafür war meist der, dass die Schwellenländer in Relation zu ihrem BIP im Weltaktienindex deutlich unterproportional vertreten sind. Für die USA gilt genau das Gegenteil: Da rund zwei Drittel der Top-100-Unternehmen mit der größten Börsenkapitalisierung in den USA beheimatet sind, liegt der Anteil der USA am Aktienweltindex rund doppelt so hoch wie der Anteil der USA am Welt-BIP. Und obwohl auch etliche chinesische Firmen in den Top-100 rangieren, ist die Volksrepublik China in den Indizes stark unterrepräsentiert, da der Kauf der sogenannten A-Shares für Ausländer streng limitiert ist.
Doch macht es Sinn, nur weil eine Alternativstrategie zeitweilig besser funktioniert hat (so etwas lässt sich im Nachhinein immer finden) und aufgrund aktueller chinesischer Marktrestriktionen an den Kernaussagen der Kapitalmarkttheorie zu zweifeln? Wir denken nein. Zusammengefasst lässt sich sagen: Das BIP ist ein Maßstab für die Größe einer Volkswirtschaft, während die Marktkapitalisierung eine Kennzahl für den Erfolg eines Unternehmens darstellt. Wir gehen jedoch nicht davon aus, dass eine Volkswirtschaft alleine aufgrund ihrer reinen Größe automatisch auch leistungsfähige, ertragsstarke und erfolgreiche Unternehmen produziert. Sehr viel mehr spricht dafür, dass die Marktteilnehmer in der Summe am besten einschätzen können, welche Unternehmen auch in der Zukunft die besten Chancen haben werden. Vor diesem Hintergrund sehen wir momentan keinen Anlass, von unserer Marktkapitalorientierung abzuweichen.