Die Investmentsteuerreform 2018 (Teil I: die Teilfreistellung)

Nichts ist so beständig wie der Wandel. Und daher können wir an dieser Stelle einen ersten Blick auf die Änderungen werfen, die uns das Investmentsteuerreformgesetz bringt, welches am 01.01.2018 in Kraft getreten ist. Nunmehr unterliegen bestimmte inländische Erträge offener Investmentfonds (Publikumsfonds) grundsätzlich einer Körperschaftsteuer in Höhe von 15 Prozent, die unmittelbar aus dem Vermögen des Investmentfonds zu zahlen ist. Damit wurde eine von der EU geforderte Gleichstellung von in- und ausländischen Investmentfonds in Bezug auf die Dividendenbesteuerung umgesetzt.

Von der neuen Körperschaftsteuer betroffene Erträge offener Investmentfonds sind aus Deutschland stammende Dividendenerträge, Mieterträge und Gewinne aus dem Verkauf von Immobilien des Fonds. Zumindest bei den Publikumsfonds fällt jetzt ab 2018 die sog. „Transparenz“ weg, das heißt, die vom Investmentfonds konkret gezahlten Steuern werden nicht mehr gesammelt und in entsprechender Höhe dem Anleger zugerechnet. Statt dessen gibt es künftig pauschale Steuerfreistellungssätze für jeden einzelnen Investmentfonds, die danach bestimmt werden, wie hoch die prozentuale Mindestinvestitionsquote eines Investmentfonds in „Kapitalbeteiligungen“ (Kapitalbeteiligungsquote) oder Immobilien/ Immobiliengesellschaften gemäß seinen Anlagebedingungen ist. „Kapitalbeteiligungen“ eines Investmentfonds im Sinne dieser Regelung sind Anteile des Investmentfonds an einer Kapitalgesellschaft (Aktien), die keine Immobiliengesellschaften sind, und mit einer Anrechnungsquote von (nur) 51% der Aktienfonds und 25% der Mischfonds.

Ein Investmentfonds mit einer Kapitalbeteiligungsquote von mind. 25% erhält eine Teilfreistellung in Höhe von 15% auf Ausschüttungen und Veräußerungsgewinne (sowie die sog. Vorabpauschale, die wir an späterer Stelle erklären werden). Hat ein Aktien- oder Mischfonds in seinen Anlagebedingungen festgeschrieben, eine Kapitalbeteiligungsquote von mind. 51% einzuhalten, erhält der Fonds eine pauschale Teilfreistellung in Höhe von 30% auf Ausschüttungen und Veräußerungsgewinne. Insofern ist es durchaus von Vorteil für (steuerpflichtige) Anleger, wenn der Investmentfonds solche Mindestquoten fest geschrieben hat. Daher haben viele Fondsgesellschaften noch kurz vor Jahresende 2017 entsprechende Anpassungen an ihren Anlagebedingungen vorgenommen, soweit das gemäß der Fondsausrichtung möglich war.

Anleger in Investmentfonds, die keine solchen Mindestquoten in ihren Anlagebedingungen festgeschrieben haben, aber trotzdem in inländische Aktien investieren, zahlen also auf Fondsebene für die (inländischen) Dividenden Körperschaftsteuer müssen dann aber trotzdem alle (ausgeschütteten) Erträge noch einmal voll versteuern (damit ein Fall der „Doppelbesteuerung“).

Um dies zu vermeiden, achten wir bei der Auswahl der Investmentfonds für unsere Kundendepots streng darauf, dass die Fondsgesellschaften für die einzelnen Investmentfonds möglichst optimale Klassifizierungen bezüglich einer möglichst maximalen Teilfreistellungsquote durch entsprechende Formulierungen in ihren Anlagebedingungen erwirkt haben. Ein Vorteil der pauschalen Teilfreistellung ist, dass alle ausgeschütteten Erträge von der Steuerfreistellung profitieren, unabhängig davon, ob sie im Fonds einer Besteuerung unterlagen oder nicht. Bei Privatanlegern werden die Freistellungssätze automatisch von der depotführenden Bank verrechnet. Jeder Investor, der eine höhere Freistellung für einen Investmentfonds geltend machen will, muss sich nach aktueller Gesetzeslage im Rahmen seiner Steuererklärung die Beträge zurückholen.

Den Vorteil der Teilfreistellung zeigt folgende Tabelle (hier: 25% Kapitalertragsteuer plus 5,5% Solidaritätszuschlag und 9% Kirchensteuer):

Der Renditeunterschied macht sich über einen längeren Zeitraum deutlich bemerkbar: Bei einem Investment von EUR 100.000 beläuft sich der Mehrertrag nach zehn Jahren auf EUR 7.991 bei 15% Teilfreistellung und auf EUR 16.268 bei 30 % Teilfreistellung gegenüber einem Investment in einen Fonds ohne Teilfreistellung bei gleicher Vorsteuerrendite. Diesen beachtlichen Unterschied werden wir bei unserer Fondsauswahl im Interesse unserer Kunden stets im Auge bewahren.

Bei Immobilienfonds gibt es sogar deutlich höhere Teilfreistellungen: Immobilienfonds mit mind. 51% Immobilien oder Immobiliengesellschaften erhalten eine Teilfreistellung von 60%. Handelt es sich dabei um ausländische Immobilien oder Immobiliengesellschaften beträgt die Teilfreistellung sogar 80%. Eine Sonderregelung existiert hierbei für Immobilienfonds in Abwicklung, wie wir sie in vielen Kundendepots im risikoarmen Teilportfolio im Einsatz haben. Aufgrund eines Schreibens des Bundesministerium der Finanzen vom 03. Mai 2017 ist ab 2018 bei Ausschüttungen eines Investmentfonds in dessen Liquiditätsphase die erhobene Kapitalertragsteuer erst zum Jahresende von dem depotführenden Kreditinstitut zu erstatten, soweit die Ausschüttungen Kapitalrückzahlungen darstellten (Tilgungen). Dies bedeutet leider, dass zunächst auf die gesamte Ausschüttung eines Immobilienfonds in Abwicklung die Kapitalertragsteuer abgeführt wird und erst zum Jahresende eine Erstattung der zu viel gezahlten Steuer erfolgt. Obwohl dies sicherlich eine Verschlechterung der Situation gegenüber früher ist, trösten wir uns zumindest damit, dass eine Erstattung erst zum Jahresende besser ist, als gar nichts zu bekommen.