Die Investmentsteuerreform 2018 (Teil II: die Vorabpauschale)
Der Wechsel allein ist das Beständige, es sei denn, er platzt. Und daher werfen wir einen zweiten Blick auf das zum Jahresanfang in Kraft getretene Investmentsteuerreformgesetz. Mit dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes gilt für die Versteuerung der Erträge aus einem Publikums-Investmentfonds statt des bisherigen transparenten Besteuerungssystems nun ein intransparentes Besteuerungssystem und es werden keine Besteuerungsgrundlagen wie Zwischen-, Aktien- oder Immobiliengewinn für Publikumsfonds mehr ermittelt, geprüft und veröffentlicht.
Wie im letzten Kommentar bereits berichtet, gibt es statt dessen jetzt pauschale Steuerfreistellungssätze auf Anlegerebene für alle Investmentfonds, die danach bestimmt werden, wie hoch die prozentuale Mindestinvestitionsquote eines Investmentfonds in „Kapitalbeteiligungen“ (Kapitalbeteiligungsquote) oder Immobilien/ Immobiliengesellschaften ist. Diese pauschalen Steuerfreistellungssätze werden „Teilfreistellung“ genannt und gelten sowohl für inländische und ausländische Investmentfonds, die zukünftig steuerlich dadurch gleich behandelt werden.
Ein Investmentfonds mit einer Kapitalbeteiligungsquote von mind. 25% erhält eine Teilfreistellung in Höhe von 15% und bei einer Kapitalbeteiligungsquote von mind. 51% sogar eine Teilfreistellung in Höhe von 30%. Diese Teilfreistellung gilt auf Ausschüttungen, Veräußerungsgewinne sowie bei der Bestimmung der sog. „Vorabpauschale“ und bedeutet, dass ein entsprechender Anteil der Ausschüttung, des Veräußerungsgewinns oder der Vorabpauschale steuerfrei bleibt.
Die Vorabpauschale, die ein Element zur Sicherstellung einer Mindestbesteuerung sein soll, kommt zur Anwendung, wenn die Ausschüttungshöhe eines Fonds in einem Kalenderjahr eine bestimmte Mindesthöhe nicht erreicht und ersetzt die bislang steuerpflichtigen ausschüttungsgleichen Erträge. Die Vorabpauschale ist dann der Betrag, der für ein Kalenderjahr mindestens zu versteuern ist. Bei einem späteren Verkauf der Fondsanteile werden die bereits versteuerten Vorabpauschalen mit dem Veräußerungsgewinn verrechnet, um eine Doppelbesteuerung beim Anleger zu vermeiden.
Neben der Vorabpauschale bleiben die Ausschüttungen und die Veräußerungsgewinne steuerpflichtig. Hier gelten die allgemeinen Regelungen zur Besteuerung auf Anlegerebene weiter. Die Abgeltungssteuer in Höhe von 25% (zzgl. 5,5% Solidaritätszuschlag und evtl. Kirchensteuer) wird weiterhin auf die steuerpflichtigen Kapitalerträge erhoben, soweit kein ausreichender Freistellungsauftrag erteilt wurde oder keine Nichtveranlagungsbescheinigung vorliegt. Die Teilfreistellung wird von den depotführenden Kreditinstituten bei der Erhebung der Abgeltungsteuer automatisch berücksichtigt.
Die Vorabpauschale kommt nur dann zur Anwendung, wenn der Investmentfonds aus steuerlicher Sicht keine oder keine hinreichende hohe Ausschüttung vornimmt. Sie fließt dem Anleger (fiktiv) kraft Gesetz zeitversetzt am ersten Werktag des folgenden Kalenderjahres zu, d.h. für 2018 am 02.01.2019.
Um die Vorabpauschale zu bestimmen, muss die Depotbank zunächst den sog. „Basisertrag“ eines Kalenderjahres berechnen. Der Basisertrag ergibt sich, wenn man den Rücknahmeanteilwert der Investmentanteile zu Beginn des Kalenderjahres mit dem 0,7-fachen des sog. „Basiszinssatzes“ multipliziert. Der Basiszinssatz wird am Beginn eines jeden Kalenderjahres von der Deutschen Bundesbank anhand der Zinsstrukturdaten des ersten Börsentages des Jahres berechnet und wird aus den langfristig erzielbaren Renditen öffentlicher Anleihen abgeleitet und vom Bundesministerium der Finanzen (zeitnah) veröffentlicht. Für das Kalenderjahr 2018 beträgt dieser Basiszins 0,87%. 0,7 mal 0,87% ergibt dann den vergleichsweisen geringen Wert von 0,609%, woran man erkennt, dass der Basisertrag in der aktuellen Niedrigzinsphase noch sehr gering ausfallen wird. Dieser Basisertrag ist sozusagen die Mindestausschüttung, die der Steuergesetzgeber erwartet. Dabei ist der Basisertrag zusätzlich auf die Wertsteigerung des Investmentanteils im Kalenderjahr, unter Berücksichtigung der Ausschüttungen, begrenzt. Dabei wird aber immer nur die Wertentwicklung eines Investmentfonds in dem betreffenden Kalenderjahr berücksichtigt und nicht die Wertentwicklung in Relation zum Einstandswert. Im Jahr des Erwerbs der Investmentfondsanteile wird der Basisertrag zeitanteilig ermittelt. Er wird dann um ein Zwölftel für jeden vollen Monat, in dem der Fonds nicht im Bestand war, gekürzt.
Wenn die tatsächliche Ausschüttung eines Investmentfonds im Kalenderjahr über diesem Basisertrag liegt, ist die Vorabpauschale null. Wenn dies nicht der Fall ist, ergibt sich die Vorabpauschale aus dem Basisertrag abzüglich aller Ausschüttungen in dem Kalenderjahr. Die so bestimmte Vorabpauschale unterliegt dann der Kapitalertragsteuer, wobei hier wieder die Teilfreistellungsquote des jeweiligen Investmentfonds berücksichtigt wird, so dass sich die Vorabpauschale entsprechend dem jeweiligen Prozentsatz mindert. Hier zeigt sich einmal mehr, wie wichtig es ist, bei der Auswahl von Investmentfonds darauf zu achten, dass sie eine möglichst maximale Teilfreistellungsquote für ihre Assetklasse haben.
Das Wichtigste bei der Vorabpauschale ist aber, dass jeder Anleger nunmehr genügend Geld auf seinem Anlagekonto am Jahresanfang für die Vorabpauschale vorhalten muss. Daher werden wir als Ihr Vermögensverwalter die Höhe dieser Steuerzahlung hinreichend genau abschätzen und dafür sorgen, dass Ihr Kontostand ausreichend ist. Dabei werden wir auch, wie im letzten Kommentar erläutert, die Erstattungen der zu viel gezahlten Kapitalertragsteuern für Tilgungen der Immobilienfonds in Abwicklung berücksichtigen.