Immobilienfonds als eine risikoarme und renditestarke Anlageklasse: ein Traum oder nur eine Illusion?

Offene Immobilienfonds (OIF) gehören bei allen Banken und Sparkassen zur Basisempfehlung für den sicherheitsorientierten Kapitalanleger. Sie gelten als risikolos und ihre Anteilwerte entwickeln sich über sehr lange Zeiträume stetig und fast ohne Schwankungen nach oben.

Eine lineare Wertentwicklung am Kapitalmarkt mit positiver Rendite und ohne nennenswerte Kursschwankungen ist allerdings zu schön, um wahr zu sein. Sie ist auch nur bei der Gruppe von offenen Immobilienfonds zu beobachten, welche sich im regulären Geschäftsbetrieb befindet und die dauerhafte Mittelzuflüsse generiert, wodurch keinerlei Verkaufsnotwendigkeit für die Bestandsimmobilen besteht. Demzufolge erfolgt die Immobilienbewertung auch nicht durch den Markt oder durch real erzielte Verkaufspreise, sondern ersatzweise auf Basis von Sachverständigengutachten.

Ein weiteres Problem bei Immobilienfonds besteht darin, dass die langfristigen Immobilieninvestments nicht mit langfristigem Kapital finanziert werden. So kam es in der Finanzkrise 2008 dazu, dass die Rückgabewünsche der Fondsanleger die Bargeldreserven vieler OIF überstiegen und dies schnell bekannt wurde. Ähnlich wie bei einem Bank-Run entstand ein Teufelskreis. Immer mehr Anleger wollten an ihr Geld und als Folge waren immer mehr OIF zu Notverkäufen ihrer Immobilien gezwungen bzw. mussten ihre Fonds auf Druck der Finanzaufsicht „schließen“ und anschließend „abwickeln“.

Der Gesetzgeber hat ab 2013 versucht, dieses Problem durch eine „Spekulationssperre“ zu lösen, indem er den Fondsanlegern eine Mindesthaltefrist und eine Kündigungsfrist von jeweils einem Jahr „verordnete“. Neben der Tatsache, dass dies lediglich zu einer „Abmilderung“ des oben genannten Problems führt, hat dies jedoch den erheblichen Nachteil, dass der OIF-Anleger nun zu einem Kurs verkaufen muss, der frühestens ein Jahr später ermittelt wird.

Die Entwicklungen in der jüngeren Vergangenheit mit der Veränderung des Kaufverhaltens der Gesellschaft (Online-Handel) und der Covid-Folgen (Homeoffice) haben das Umfeld insbesondere für Büro- und Gewerbe-Immobilien bereits eingetrübt. Die durch die Zentralbanken eingeleitete Zinswende im Sommer letzten Jahres mit der kräftigen Erhöhung der Leitzinsen hat zusätzlich die Transaktionsvolumina und die Preise für Immobilien stark zurückgehen lassen. Vor diesem Hintergrund wäre zu erwarten, dass die nun anstehenden, turnusmäßigen Bewertungen der Bestandsimmobilien durch die externen Sachverständigen in den OIF zu erheblichen Anpassungen der Verkehrswerte und damit zu Anteilwertverlusten führen. Bei einem ersten Fonds, konkret dem Leading Cities Invest der KanAM Grund Group, ist eine solche Abwertung am 24.11. bereits vorgenommen worden, und zwar um 10%.

Wie so häufig hat die Börse die zu erwartende Entwicklung (Abwertung der OIF) bereits vorab signalisiert, denn die Börsenkurse der OIF liegen spürbar unter den offiziellen Anteilwerten der Fondsgesellschaften. Dazu muss man wissen, dass OIF nicht nur (mit oben genannter Sperrfrist) über die Fondsgesellschaft, sondern auch sofort über die Börse (als Sekundärmarkt) handelbar sind. Wie die nachfolgende Grafik am Beispiel des Union Fonds „ImmoDeutschland“ zeigt, lag der Börsenkurs bis Juli 2022 nahe dem Anteilwert. Mit der Zinswende hat sich das Bild verändert. Während der „gutachterliche“ Anteilwert noch immer steigt, hat der Börsenkurs kräftig nachgegeben. Mittlerweile liegt er knapp 10% unterhalb des Anteilwertes.

Quelle: Refinitiv

Die Immobilienfonds in unseren Anlegerdepots sind ausnahmslos solche in Abwicklung, die zudem nahezu ausschließlich in Cash investiert sind und die wir über die Börse mit erheblichem Kursabschlag erworben haben. Eine Strategie, die sich in der Vergangenheit sehr bewährt hat.

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