KzV – Juli 2018
TARGET2 System: eine Kurzdarstellung
TARGET2 (Trans-European Automated Real-time Gross Settlement Express Transfer System) ist die zweite Generation des Zahlungsverkehrssystems TARGET zur Abwicklung von grenzüberschreitenden Zahlungen im Euroraum. Wenn Zentralbankgeld von einer nationalen Zentralbank des Eurosystems an eine andere überwiesen wird, entstehen Verbindlichkeiten und Forderungen innerhalb des TARGET-Systems. Bei der belasteten Zentralbank verringert sich der TARGET2-Saldo (ein Guthaben schrumpft, eine Schuld wächst) und bei der empfangenden Zentralbank erhöht er sich. Die Entwicklung des TARGET2-Saldos der Deutschen Bundesbank lässt sich in vier Phasen einteilen (Quelle: Monatsbericht der Deutschen Bundesbank, Dezember 2017):
In Phase 1 („Ausgleichsposten der Zahlungsbilanz“) waren die monatlichen TARGET-Salden auf niedrigem Niveau hoch volatil und wechselten häufig das Vorzeichen. Den deutschen Leistungsbilanzüberschüssen standen Kapitalexporte privater Akteure in gleichen Höhe gegenüber, sodass sich die TARGET-Transaktionen der Bundesbank im Ergebnis ausglichen. Mit dem Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2007 verzeichnete der deutsche TARGET2-Saldo in Phase 2 einen starken Anstieg. Aus dem Ausland erhielten in Deutschland ansässige Banken in erhöhtem Maße Zuflüsse (Safe-haven-Effekt), während aus Deutschland heraus kaum noch Mittel an ausländische Banken in Krisenländern ausgeliehen wurden. In Phase 3 ab der Jahresmitte 2012 entspannte sich die Situation auf den Finanzmärkten nach der „whatever it takes“-Rede des EZB-Präsidenten und der Ankündigung des OMT-Programms der EZB zum Ankauf von Vermögenswerten mit der Auswirkung, dass die TARGET2-Salden allgemein sanken. In der letzten und aktuellen Phase 4 seit Beginn der Wertpapierankaufprogramme 2015 steigen die TARGET2-Salden wieder kontinuierlich auf neue Höchststände an. Dieser Anstieg der Salden ab 2015 ist nach Analysen von Bundesbank und EZB im Wesentlichen mit den Effekten der technischen Abwicklung aus grenzüberschreitenden Transaktionen der Ankaufprogramme zu erklären.
Die voranstehende von der Bundesbank übernommene Beschreibung macht deutlich, dass der TARGET2-Saldo nicht von der Bundesbank in seiner Gesamtheit gesteuert werden kann. Worin liegen eventuell Risiken aus dieser Entwicklung mit zunehmenden Ungleichgewichten?
TARGET2-Salden können mit einem Risiko verbunden sein, wenn ein Land die Währungsunion verlässt, welches TARGET2-Verbindlichkeiten gegenüber dem TARGET-System aufweist. In diesem Fall müsste das ausscheidende Land bzw. dessen Notenbank den Saldo (in Euro) ausgleichen, weil nur Euro-Länder Salden stehen lassen können. Kann die austretende Notenbank den negativen Saldo nicht decken, muss eine uneinbringliche (Rest-)Forderung bei der EZB wertberichtigt werden. Diese Verluste, die daraus potenziell entstünden, dass ein Land seine Verbindlichkeiten gegenüber der EZB nicht vollständig erfüllt, würden nach den Kapitalanteilen (am voll eingezahlten Kapital) an der EZB auf die verbleibenden nationalen Zentralbanken des Eurosystem aufgeteilt. Die Deutsche Bundesbank hält aktuell etwa 26% eingezahlten Kapitalanteil an der EZB. Die TARGET2-Forderung der Deutschen Bundesbank stieg per 31.05.2018 auf den Rekordwert von Euro 956,2 Mrd. an, während die Verbindlichkeiten etwa von Italien auf Euro 464,7 Mrd. und von Spanien auf Euro 393,6 Mrd. stiegen. Die relevante Bezugsgröße für eine Risikoabschätzung aus Sicht der Bundesbank ist nicht so sehr der positive Saldo der Bundesbank, sondern vielmehr die Höhe der negativen Salden einiger „Wackelkandidaten“ des Eurosystems, weil die Bundesbank mit ihrem Kapitalanteil für diese negativen Salden „haftet“. Wobei dieser Kapitalanteil bei einem Austritt eines Landes sogar noch steigen würde. Im Falle von Italien bspw. cet. par. auf rund 31 % und damit eine Haftung von bis zu Euro 145 Mrd.
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