KzV – Okt 2019 – Nachhaltiges Investieren
Auf einer UN-Konferenz in Rio de Janeiro im Jahr 2012 beschlossen die UN-Mitgliedsstaaten eine Arbeitsgruppe einzusetzen, um einen Katalog von Zielen zu entwerfen, die eine nachhaltige Entwicklung der Welt auf ökonomischer, sozialer und ökologischer Ebene sicherstellen sollen. Auf dem Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung in New York im Jahr 2015 wurden die von der Arbeitsgruppe erarbeiteten „Ziele für nachhaltige Entwicklung“ (in Englisch: sustainable development goals, oder kurz SDG) von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet. Der Zielkatalog umfasst die nachfolgend genannten 17 Oberziele und 169 Unterziele, die die Oberziele konkretisieren.
Vor diesem Hintergrund hat die EU-Kommission im Jahr 2016 eine High Level Expert Group eingesetzt, die auch für die Finanzbranche einen Pflichtenkatalog erarbeitet, der zur Erreichung der SDG-Ziele unter der Überschrift „Sustainable Finance“ beiträgt. Auf Basis dieses Pflichtenkatalogs hat die EU-Kommission am 8. März 2018 einen Aktionsplan beschlossen, der u.a. sicherstellen soll, dass Umwelt (Environment), Soziales (Social) und gute Unternehmensführung (Governance), kurz ESG, in den Mittelpunkt des Finanzsystems gestellt werden.
Die Investmentfonds-Anbieter haben auf diese Entwicklung bereits frühzeitig reagiert und bieten ein immer größer werdendes Angebot an sogenannten „nachhaltigen“ Investmentfonds an. Bezogen auf die im Rahmen unserer Vermögensverwaltung eingesetzten börsennotierten Investmentfonds (exchange traded funds, kurz ETF) macht das Volumen der „nachhaltigen“ Fonds zwar derzeit noch weniger als 3% des Gesamtmarktes aus. Allerdings wird erwartet, dass dieser Anteil deutlich wachsen wird, vor allem aufgrund der für institutionelle Anleger bereits bestehenden und verstärkt geplanten regulatorischen Vorgaben hin zu einer deutlich „nachhaltig“ geprägten Kapitalallokation.
Was die Konzeption von nachhaltigen ETF angeht, so ist es selbst für Experten schwierig, den Überblick über die Vielfalt an ESG-ETF zu behalten. Zwar lassen sich grundsätzlich zwei Ansätze unterscheiden, nämlich das Ausschlussprinzip und das Best-in-Class-Prinzip. Diese werden aber nicht in Reinform, sondern in verschiedenen Ausprägungen, teilweise auch als Kombination und zu allem Überfluss unter nicht einheitlich verwendeten Bezeichnungen angeboten. Das Ausschlussprinzip besteht darin, dass Unternehmen bestimmter Branchen, wie beispielsweise der Tabak-, Waffen oder Kohle-Industrie, oder unterhalb eines bestimmten ESG-Ratings/Scores aus dem Anlageuniversum kategorisch ausgeschlossen und damit als nicht investierbar deklariert werden. Das Best-in-Class Prinzip dagegen besagt, dass zwar grundsätzlich in Unternehmen aller Branchen investiert werden darf, innerhalb jeder Branche aber die Unternehmen präferiert werden, die das höchste ESG-Rating/Score aufweisen.
Die nachfolgende Tabelle zeigt bespielhaft für die 15 am höchsten bewerteten Aktien des MSCI-World, des globalen Aktienindex für die Industrieländer, welche Auswirkungen die Auswahl eines von vielen möglichen ESG-ETF darauf hat, in welchen Unternehmen ein Anleger mit welcher Gewichtung letztlich investiert ist (Stand Ultimo August 2019):
Wie aus der zweiten Spalte und der untersten Zeile ersichtlich ist, wäre ein Anleger, der in einen ETF auf den MSCI World ohne Berücksichtigung von ETF-Aspekten investiert, insgesamt an 1.665 Unternehmen beteiligt. Abhängig von der Intensität der „Nachhaltigkeit“ nimmt die Anzahl der Unternehmen, an denen der Anleger mit einem ESG-ETF beteiligt ist, mehr oder weniger deutlich ab, im Extremfall (rechte Spalte) ist er nur noch an 390 Unternehmen beteiligt. Wie an den Gewichtungen der 15 „wichtigsten“ Aktien ablesbar ist, nimmt mit der zunehmenden Anzahl an nicht-investierbaren Aktien die Gewichtung der verbleibenden investierbaren Aktien zu. Im Extremfall (rechte Spalte) wäre der Anleger an den Internet-Giganten (Amazon, Apple, Alphabet/Google und Facebook überhaupt nicht mehr beteiligt, in Microsoft dafür mit Faktor 4 höher als ohne ESG-Fokus. Auch wenn alle hier aufgeführten ESG-ETF bzw. Indices den „MSCI World“ im Namen tragen, unterscheiden sie sich hinsichtlich ihrer Zusammensetzung sehr deutlich. Insbesondere unser Ansatz, sehr breit gestreut zu investieren, kann nur mit wenigen ESG-ETF umgesetzt werden.
Im Rahmen unserer Privaten Vermögensverwaltung wird das Thema „ESG“ auch vor dem Hintergrund des EU-Aktionsplans mehr und mehr an Bedeutung gewinnen. Wir prüfen deshalb fortlaufend, welche ESG-ETF unsere Auswahlkriterien für eine „geeignete Anlage“ erfüllen und setzen diese auf Kundenwunsch gezielt ein. Wie bereits mehrfach ausgeführt, denken wir bei der Auswahl vor allem an eine möglichst breite Streuung der Einzelwerterisiken, eine geringe Kostenbelastung, die steuerliche Teilfreistellung bei Aktien-ETF und ein ausreichendes Fondsvolumen.
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