Die wahren Verlierer der Nullzinspolitik

Die aktuelle Niedrigzinspolitik der europäischen Zentralbank begünstigt die Schuldner und lässt die Sparer leiden. Das liegt klar auf der Hand und offensichtlich ist es auch so gewollt. Da kann es kaum verwundern, dass dieses nun auch durch diverse Untersuchungen mit konkreten Zahlen untermauert wird. So kommt die Allianz Versicherung in einer aktuellen Studie zu folgenden Ergebnissen:

Das aktuelle Nullzinsumfeld in der Eurozone hilft vorwiegend den hochverschuldeten Staaten, während dafür auf der anderen Seite Sparer bluten müssen. So haben beispielsweise Anleger in Deutschland seit 2010 durch die Niedrigzinsen netto rund 23 Milliarden Euro eingebüßt, während beispielsweise der spanische und italienische Staat mit einem Plus von 54 und 39 Milliarden Euro die Hauptprofiteure sind. Dabei wurden zum Einen die Zinsverluste der Sparer und zum Anderen die Zinsgewinne der Kreditnehmer berechnet. Der Vergleichsmaßstab war dabei das Zinsniveau der Jahre 2003 bis 2008.

Die deutschen Anleger verzeichnen im europäischen Vergleich insgesamt ein überdurchschnittliches Minus, weil sie einerseits relativ gering verschuldet sind, andererseits aber besonders viel Geld auf der Bank liegen haben. Das Gegenteil ist in Spanien der Fall. Dort drücken die Menschen oft enorme Hypotheken und das Geldvermögen ist geringer.

Doch tragen die Deutschen noch nicht einmal die größten Lasten. In Belgien ist es beispielsweise mehr als das Doppelte. Denn wie die Deutschen haben auch die Belgier relativ geringe Schulden, aber ihr Geldvermögen ist gleichzeitig deutlich höher. Doch es gibt auch noch weitere Hauptverlierer, die momentan noch gar nicht im Fokus stehen. Die Jugend, welche sich einen Kapitalstock und spätere private Rentenansprüche erst noch aufbauen will oder muss. Ein einfaches Rechenbeispiel soll dies verdeutlichen:

Eine 30 jährige, ledige, durchschnittlich verdienende Büroangestellte verdient heute etwa 2.000 Euro netto und kann als spätere Eckwertrentnerin (in Preisen von heute) mit rund 1.200 Euro gesetzlicher Rente rechnen. Sofern diese „Normalbürgerin“ ihren heutigen Lebensstandard auch im Rentenalter aufrechterhalten will, gilt es eine Rentenlücke von rund 800 Euro (real) privat zu stopfen. Bis vor einigen Jahren war dazu bei einem Zinsniveau von rund 5% eine Sparquote von etwa 100 Euro pro Monat hinreichend. Doch nachdem nun der von Bert Rürup als das achte Weltwunder gepriesene Zins- und Zinseszinseffekt weitgehend verschwunden ist, hat sich dieser Wert dramatisch verschlechtert. Unsere beispielhafte Büroangestellte muss im aktuellen Zinsumfeld nicht mehr nur 100 Euro, sondern rund 350 Euro pro Monat zurücklegen um ihre private Rentenlücke zu schließen. Bei einem Nettoeikommen von rund 2.000 Euro rund 350 Euro pro Monat sparen? Für die meisten Betroffenen schlichtweg ein Ding der Unmöglichkeit.

Die klassischen Vorsorgeprodukte wie Banksparpläne, private Rentenversicherungen oder geförderte Riester-/Rürup-Renten haben alle eines gemeinsam. Die erzielbaren Nettorenditen nach Kosten werden in Zukunft ein Prozent kaum übersteigen. Mit diesen Anlageformen wird der Aufbau eines Kapitalstockes zur privaten Altersvorsorge für weite Teile der jungen Bevölkerung kaum noch möglich sein.

So profitieren momentan zwar die (Staats-) Schuldner und die Sparer leiden. Die langfristigen Hauptverlierer werden aber in der jüngeren Generation zu finden sein, da diese bei klassischen Kapitalanlagen langfristig auf reale Wertzuwächse ihrer potenziellen Sparquoten verzichten muss. Auch hier führt deshalb kein Weg an einer Internationalisierung und stärkeren Streuung des Sparkapitals vorbei.