Gold – mehr Versicherung, denn Vermögensanlage

In den letzten Wochen ist der Goldpreis nach massiven Verkäufen an der New Yorker Terminbörse massiv unter Druck geraten. Über die Gründe wurde allenthalben kräftig gerätselt. Schließlich hatte die EU gerade erst beschlossen, dass künftig auch „normale“ Sparguthaben (> 100.000 Euro) zur Sanierung von Krisenbanken herangezogen werden können – eigentlich ein gutes Argument gegen Bankguthaben/Papiergeld und für Sachwerte wie Gold. Doch genau zwei Tage nach dem Grundsatzbeschluss der EU-Finanzminister erlebte der Goldpreis einen Mini-Crash. Wie ist das zu erklären?

Die Begründungen für den Kursrutsch des Goldes blieben in der Summe relativ dünn. So hieß es, dass neben Zypern auch andere Euro-Krisenländer zu Goldverkäufen gezwungen sein könnten. Allerdings besitzt Zypern lediglich rund 14 Tonnen Gold. Drei weitere Euro-Krisenländer bringen es gemeinsam auf knappe 800 Tonnen (Griechenland 112, Spanien 282, Portugal 383). Zum Vergleich: Am Tag mit dem prozentual höchsten Goldpreisverfall wurden in New York binnen 8 Stunden mehr als 2.300 Tonnen Gold umgesetzt, was grob 90% der aktuellen Jahresproduktion entspricht. Und natürlich sind nicht alle Länder auf der potenziellen Verkäuferseite – die meisten verbliebenen, relativ finanzstarken Staaten treten derzeit vermehrt als Käufer auf (Russland, China, Indien, Brasilien, Chile, Südkorea). Als weitere Gründe für den besagten Goldpreisrutsch wurden genannt: eine potenzielle Erholung der US- Konjunktur in Verbindung mit potenziell steigenden Zinsen sowie die Verkaufsempfehlung der US-Investmentbank Goldman Sachs.

Doch während offensichtlich viele Großanleger ihre Lieferansprüche auf Gold „beinahe um jeden Preis“ verkauften, sind die Vorratskeller der Goldbarren- und Münzhändler weitgehend leergefegt. Weltweit nutzten viele Privatanleger den Preisrückgang, um sich mit physischem Gold einzudecken. Ihr Motto lautet vielfach: „Momentan erhalte ich deutlich mehr Gold für die gleiche Summe Papiergeld“. Macht diese Sichtweise Sinn? Nein und Ja.

Zunächst ist festzuhalten, dass physisches Gold im Gegensatz zu Anleihen, Immobilien oder Aktien keine Anlageklasse im engeren Sinne ist. Denn Gold wirft keinen Ertrag ab, weder in Form eines Zinses, noch einer Miete/Pacht oder einer Dividende. Dazu kommt, dass Gold im Gegensatz zu vielen anderen Rohstoffen in der industriellen Produktion allenfalls in marginalen Mengen gebraucht und verbraucht wird. Als strategische Vermögensanlage ist physisches Gold deshalb kaum geeignet und wird im Rahmen unserer Vermögensverwaltung auch nicht berücksichtigt.

Trotzdem kann der Erwerb von physischem Gold vor dem Hintergrund der weltweiten Schuldenkrise durchaus Sinn machen und zwar als Versicherung gegen eine potenziell kräftige Entwertung von Papiergeld. Schließlich ist Gold im Gegensatz zu Papiergeld nicht beliebig vermehrbar. Nun kann es zwar noch längst nicht als ausgemachte Sache gelten, dass die Staatsschuldenproblematik in der Zukunft über eine deutlich höhere Inflation gelöst wird. Allerdings ist dieser „Ausweg“ auch nicht völlig unwahrscheinlich. In jedem Fall sollte klar sein, dass auch diese Versicherung Geld kosten kann – zumindest dann, wenn kein Schadensfall im obigen Sinne eintritt, was wir uns natürlich erhoffen.