Die Renditelücke und ihre Ursache
Bei der Vermögensanlage unserer Kunden legen wir seit jeher großen Wert auf eine diversifizierte globale Anlage über kostengünstige Investmentfonds. Eine solche auf breite Streuung angelegte internationale Ausrichtung der Vermögensanlage scheint aber bei deutschen Anlegern alles andere als die Regel zu sein, wie eine empirische Studie belegt, die in der April-Ausgabe der Zeitschrift Finanztest veröffentlicht wurde. Zum Hintergrund: Die Wirtschaftsprofessoren Dr. Andreas Hackethal (Goethe-Universität Frankfurt/Main) und Dr. Steffen Meyer (Leibniz Universität Hannover) haben im Auftrag der Stiftung Warentest fast 40.000 Wertpapierdepots von deutschen Direktbankkunden in den Jahren 2005 bis 2015 untersucht und errechnet, dass die Anleger eine durchschnittliche Rendite von nur rund 3,1% p.a. erzielt haben. Vergleicht man dieses Ergebnis mit dem Ergebnis von 8,7% p.a., welches mit einer Anlage in einer Mischung aus marktbreiten Aktien- und Rentenindizes in diesem Zeitraum möglich gewesen wäre, die in ihrer Zusammensetzung der durchschnittlichen Vermögensaufteilung dieser Anleger genau entsprochen hätte, so ergibt sich eine „Renditelücke“ von über 5%. Diese beträchtliche Renditelücke, die für deutsche Anleger gemessen wurde, übersteigt damit deutlich den Wert, der in vergleichbaren Studien für die USA festgestellt wurde. Dort beträgt die Renditelücke meist um 3% p.a.
Da den beiden Professoren auch die genauen Depotstrukturen mit den enthaltenen Finanzinstrumenten zur Verfügung standen, konnten sie auch die Ursachen für die besonders große Renditelücke in Deutschland analysieren. Die vier typischen und häufig sogar kombinierten Anlagefehler bestehen in der mangelnden Diversifikation bzw. Streuung, dem Hang zum Aktien-Picken, einem zu aktiven Handeln und einem weit verbreiteten „Home-Bias“, d.h. der zu hohen Gewichtung „bekannter“ deutscher Aktien.
- Mangelnde Streuung
Eine breite Streuung ist die wichtigste Voraussetzung für eine erfolgreiche Geldanlage. In den untersuchten Depots der Studie lagen im Durchschnitt nur zwölf Wertpapiere, wobei es sich in erster Linie um reine Einzelaktien handelte. Besorgniserregend ist auch, dass die Anleger tendenziell im Zeitablauf weniger streuten: Die durchschnittliche Portfolio-Konzentration stieg im Zeitverlauf an und die anteilige Quote in Fonds sank sogar leicht.
- Aktien-Picking
Das Herauspicken einzelner Aktien ähnelt psychologisch den Mustern von Sportwetten. Anleger sehen vor allem die Erfolgserlebnisse und blenden die Wetten mit unerfreulichem Ergebnis aus. Entscheidend ist aber die langfristige Entwicklung des Gesamtdepots und da erwies sich das Aktien-Picken in den untersuchten Depots als Renditekiller erster Güte.
- Zu hohe Handelsaktivität
Aktivität mag zwar im privaten und beruflichen Alltag eine Auszeichnung sein, bei der Geldanlage ist sie aber nachgewiesenermaßen sehr schädlich. Die Studie zeigt einmal mehr, dass Anleger, die oft handeln, schlechter abschneiden als tendenziell passive Depotinhaber. Die Aktivsten landeten nach Kosten sogar im Minus. Im Schnitt verringerte sich die Depotrendite durch die Kauf- und Verkaufskosten um rund 0,9% pro Jahr. Die besonders aktiven Anleger verloren sogar 3,3% pro Jahr. Das Fünftel der passivsten Depotbesitzer hatte dagegen die beste Rendite mit über 7% pro Jahr.
- Home Bias
Die Bevorzugung bekannter deutscher Unternehmen geht zulasten der Streuung. In den untersuchten Depots lag der Anteil deutscher Aktien im Durchschnitt auch über die Zeit sehr konstant bei 43 %. Im Weltaktienindex MSCI World beträgt er dagegen nur etwa drei %. Die Fokussierung auf einen kleinen Ausschnitt des globalen Aktienmarktes kann sowohl eine überdurchschnittliche Rendite, wie im Falle Deutschlands in der letzten Dekade, als auch eine unterdurchschnittliche Rendite zur Folge haben, je nachdem, wie sich dieser Ausschnitt entwickelt. Sie erhöht aber in jedem Fall die Wertschwankungen des Depots. Zahlreiche Untersuchungen zeigen, dass Anleger auf lange Sicht mit einem international ausgerichteten Portfolio ein besseres Chance-Risiko-Verhältnis bekommen.