Offene Immobilienfonds in Abwicklung – Anlagealternative im Niedrigzinsumfeld mit Besonderheiten bei der Bewertung – KzV September 2021

In der Vermögensallokation unserer Kundendepots nutzen wir schon seit längerer Zeit Offene Immobilienfonds in Abwicklung (OIFiA). Wie zuletzt in unseren Kommentaren zur Vermögensanlage im August 2017 und 2018 thematisiert, setzen wir OIFiA im risikoarmen Teilportfolio als eine Anlagealternative für risikoarme, festverzinsliche Euro-Anleihen ein, die ihrerseits schon seit geraumer Zeit eine negative Rendite aufweisen.

Doch was ist das Besondere an dieser Anlageform?

Anders als die üblichen Offenen Immobilienfonds besitzen die von uns eingesetzten OIFiA inzwischen nahezu keine Immobilien mehr.

Die Offenen Immobilienfonds in Abwicklung können aber u.a. aufgrund von Eventualverbindlichkeiten noch nicht aufgelöst werden. Dahinter verbirgt sich eine Reihe von Ansprüchen, die gegen die Depotbanken geltend gemacht werden könnten. Das sind zum einen Gewährleistungspflichten, die gegenüber den Verkäufern der Immobilien bestehen. Stellt sich heraus, dass mit dem Gebäude etwas nicht stimmt, kann der Erwerber auch noch Jahre nach dem Kauf Ersatz für bestimmte Mängel verlangen. Hinzu können Kosten für etwaige Rechtsstreitigkeiten kommen.

Zum anderen verweisen die Depotbanken der Fonds auf mögliche Steuernachforderungen. Die Jahresabschlüsse von Gesellschaften, wozu auch Zweckgesellschaften zählen, die Teil der Offenen Immobilienfonds waren, werden oft erst nach langer Zeit steuerlich abgewickelt.

Offene Immobilienfonds (OIF) gehörten bei allen Banken und Sparkassen jahrzehntelang zur Basisempfehlung für den typischen sicherheitsorientierten Kapitalanleger. Sie galten als risikolos, stiegen u.a. aufgrund der Fortschreibung der Gutachterwerte beständig an Wert und konnten börsentäglich zurückgegeben werden. Nach der Finanzkrise im Jahr 2008 brach dieses System jedoch zusammen. Die Rückgabewünsche der Anleger überstiegen die Bargeldreserven der OIF und ein schneller Verkauf der Fondsimmobilien war unmöglich. Es entstand ein Teufelskreis. Immer mehr Anleger wollten an ihr Geld und als Folge standen immer mehr Immobilien vor Notverkäufen. Im Jahr 2009 setzten dann viele OIF die Anteilsrücknahme zunächst zeitlich begrenzt aus, um dann ab dem Jahr 2010 endgültig aufgeben zu müssen und ihre (gesetzlich vorgeschriebene) Liquidation bekannt zu geben.

Damit war klar, dass eine reguläre Rückgabe der Anteilscheine zum offiziellen Preis in Zukunft nicht mehr möglich sein wird. Sämtliche Fondsimmobilien mussten verkauft werden. Die Verkaufserlöse wurden bzw. werden halbjährlich oder jährlich an die Anleger ausgeschüttet, bis der betreffende OIF endgültig aufgelöst ist. Dieser Prozess dauert im Zeitablauf mehrere Jahre. Erst zu diesem Zeitpunkt haben wir angefangen sukzessive Offene Immobilienfonds in Abwicklung in unsere Kundendepots aufzunehmen.

Denn Anleger, welche vorher an ihr Kapital wollen, können lediglich am Sekundärmarkt an der Börse verkaufen. Doch die Börsenkurse lagen bzw. liegen spürbar unter den offiziellen Bewertungspreisen der Fondsgesellschaften (durchschnittlich zwischen 20% und 30%). Ein Verkauf an der Börse ist also nur mit einem signifikanten Bewertungsabschlag möglich und Käufer profitieren von einem günstigen Einstiegskurs.

Doch womit ist der Bewertungsabschlag begründet?

Anfangs hing dies vor allem damit zusammen, dass bei der Mehrzahl der getätigten Verkäufe von Fondsimmobilien der OIFiA nur ein geringerer Preis als der offizielle Buchwert realisiert werden konnte. Entsprechend höher waren auch die Bewertungsabschläge.

Mittlerweile ist dies vor allem auf die Illiquiditätsprämie zurückzuführen, die als Entschädigung für die nicht mehr mögliche Rückgabe an die Verwaltungsgesellschaft und die ungewisse Abwicklungsdauer „bezahlt“ wird.

Inzwischen sind wir beim Marktsegment der OIFiA mit einem schwankungsarmen, mittelfristigen Wertzuwachs von um die 2 % p.a. zufrieden. Im aktuellen Null- bzw. Negativzinsumfeld erscheint uns dies für die risikoarmen Teilportfolios unserer Kunden jedoch nach wie vor als attraktiv. Vor diesem Hintergrund beabsichtigen wir in diesem Segment auch in Zukunft investiert zu bleiben.

In diesem Zusammenhang möchten wir auch nochmals auf folgende Besonderheiten bei der Bewertung der Offene Immobilienfonds in Abwicklung, insbesondere im Hinblick auf unser Monatsreporting und die Vermögensaufstellung bei der V-Bank, hinweisen.

In der Vermögensaufstellung der V-Bank werden die Anschaffungskosten sowie die aktuellen Marktwerte (Börsenkurse bzw. Bewertungspreise der Fondsgesellschaften z.B. bei OIFiA) aller im Depot vorhandenen Wertpapiere gegenübergestellt. Zwischenzeitliche Erträge und Ausschüttungen dieser Wertpapiere werden dabei allerdings nicht berücksichtigt. Dies führt im Ergebnis dazu, dass der Erfolgsbeitrag jedes einzelnen Wertpapiers um den Betrag der Ausschüttungen/Erträge unterzeichnet wird. Dieser Effekt wirkt umso stärker, je höher die laufenden Ertragsausschüttungen des jeweiligen Wertpapiers sind.

Ganz besonders deutlich wird dieser Effekt am Beispiel der Offenen Immobilienfonds in Abwicklung, die sich schon länger im Bestand befinden und kurz vor der Auflösung stehen. Diese Immobilienfonds haben bereits einen Großteil ihrer Immobilien-Verkaufserlöse und die anteiligen Mieteinnahmen an die Anteilseigner ausgeschüttet. Den Anlegern flossen somit nicht nur die „ordentlichen“ Erträge in Form von Mieteinnahmen zu, sondern es wurde auch die „Substanz“ ausgeschüttet, welche aus den Immobilien-Verkaufserlösen resultiert.

Da diese Ertrags- und Substanzausschüttungen bei der Gegenüberstellung von Anschaffungskosten und aktuellem Marktwert nicht berücksichtigt werden, ergibt sich in dieser Betrachtungsweise regelmäßig ein falsches Bild. Im Ergebnis wird die tatsächliche Wertentwicklung dieser Wertpapiere im Zeitablauf immer stärker unterzeichnet bzw. ist fälschlicherweise negativ.

Vor diesem Hintergrund bitten wir Sie, bei der Beurteilung der Wertentwicklung ihrer Vermögensanlagen schwerpunktmäßig auf die Entwicklung ihres Gesamtdepots zu achten und die Gegenüberstellung von Anschaffungspreisen zu aktuellen Marktpreisen lediglich als groben Orientierungspunkt zur Einzeltitelentwicklung zu verstehen. Desto geringer die Ausschüttungen bei einem Einzeltitel ausfallen, desto aussagekräftiger ist der Vergleich von historischen Anschaffungswerten zu aktuellen Marktwerten. Im Extremfall kann sich allerdings gerade bei ausschüttungsstarken Titeln auch das Vorzeichen des Erfolgsbeitrages umkehren. Insbesondere bei den Offene Immobilienfonds in Abwicklung die kurz vor der Auflösung stehen ist dieser Effekt zu beobachten. In unserem Kommentar zur Vermögensanlage im August 2017 haben wir dies ausführlich thematisiert.

Auf der anderen Seite wird bei den OIFiA, die noch mit einem deutlichen Bewertungsabschlag an der Börse gehandelt werden und deren Auflösung noch einige Jahre dauern wird, die tatsächliche Wertentwicklung überzeichnet. Das hängt damit zusammen, dass die V-Bank bei der Bewertung nicht den Börsenkurs (mit Bewertungsabschlag) heranzieht zu dem der Fonds erworben wurde, sondern den Bewertungspreis der Fondsgesellschaft (ohne Bewertungsabschlag).

Aus diesem Grunde weisen wir in unserem kundenindividuellen Monatsreporting auf der zweiten Seite auch die aktuellen Bewertungsdifferenzen zwischen dem verwendeten Kurs der V-Bank und dem Börsenkurs der Immobilienfonds in Abwicklung aus. Denn wenn vor der endgültigen Auflösung die Anteile an den OIF in Abwicklung veräußert werden würden, könnte „nur“ der aktuelle Börsenkurs realisiert werden und die Bewertungsdifferenz würde das Anlageergebnis des Portfolios verringern.