Wege aus der Staatsschuldenkrise – droht Sparern künftig die „legale“ Enteignung?

Bis vor wenigen Jahren galten die Staatsanleihen der Industrieländer als absolut krisensicher. Allenfalls in Schwellenländern hielt man Ausfälle bei staatlichen Schuldnern für möglich. Aber hier bei uns in Europa war so etwas schlichtweg undenkbar.

Im Jahr 2012 haben uns dann die Ereignisse in Griechenland eines Besseren belehrt. In größter Not und abgeschnitten von den regulären Finanzmärkten hat damals das griechische Parlament nachträglich per Gesetz Klauseln in die Staats-Schuldverträge eingefügt, wonach eine Mehrheit der Gläubiger eine Umschuldung beschließen kann. Diese Mehrheit kam dann unter massivem politischem Druck zusammen und galt damit für alle Besitzer griechischer Staatsanleihen. Sie mussten im März 2012 auf 53,5 % ihrer Forderungen verzichten. Die restlichen 46,5% wurden auf 20 verschiedene neue Staatsanleihen mit Laufzeiten von bis zu 30 Jahren verteilt. Zumindest formaljuristisch erfolgte dieser Schuldenschnitt noch auf freiwilliger Basis per Mehrheitsbeschluss der Anleiheeigner.

Ein Jahr später war man im Falle Zyperns dann schon weniger zimperlich. Hier verloren Anleger mit einem Guthaben von über 100.000 Euro bei den zwei größten Banken des Landes rund die Hälfte ihrer Einlagen. Gläubiger von zypriotischen Staatsanleihen blieben allerdings verschont.

Mittlerweile ist zwar die europäische Staatsschuldenkrise in der öffentlichen Diskussion in den Hintergrund getreten. Von echten Lösungsansätzen sind die meisten betroffenen Staaten aber noch ein ganzes Stück weit entfern. So verwundert es nicht, dass Italien und Frankreich laut über eine Aufweichung des Stabilitätspaktes nachdenken und der IWF gerade mit einem radikalen Lösungsansatz vorprescht, welcher bei künftigen Schuldenkrisen zum Einsatz kommen soll. Auf den Kern reduziert hat der IWF folgenden Plan: Wenn ein Land sich kein frisches Geld mehr zu vernünftigen Zinsen besorgen kann und der Schuldenstand eine bestimmte Grenze übersteigt, dann sollen die bestehenden Gläubiger der Staatsanleihen (teil-)enteignet werden. Ansonsten ist der IWF nicht bereit, sich an potenziellen Rettungsaktionen zugunsten dieses Landes zu beteiligen.

Diese neue Strategie des IWF muss zwar noch formal beschlossen werden. Doch damit ist bis Ende des Jahres zu rechnen. Dann dürfte feststehen, dass Anleger bei künftigen staatlichen Schieflagen einen größeren Beitrag leisten müssen als bisher. Dabei sind bspw. Laufzeitverlängerungen, Kuponherabsetzungen oder Zinsaussetzungen bis hin zu einem erzwungenen Forderungsverzicht denkbar.

Nach dem Plan des IWF ist die „Nachhaltigkeit des Schuldenstandes“ das entscheidende Kriterium für künftige Umschuldungen. Dabei wird dieses Kriterium allerdings nicht näher definiert und es bleibt offen, ob dieses bei 100%, 120% oder wie im Falle Griechenlands bei rund 170% des BIP liegt.

Vor dem Hintergrund des relativ geringen Wachstums und der nach wie vor weiter an[1]steigenden Staatsschulden in weiten Teilen Europas ist es nicht unwahrscheinlich, dass die Sorge um die Nachhaltigkeit der Schulden künftig wieder in den Vordergrund rückt. Daher hat der IWF es offenbar eilig, sich für künftige Umschuldungen vorzubereiten. Es fehlt anscheinend der rechte Glaube in den Reformwillen der betreffenden Staaten.

Fazit: Sofern die politische Führung der Euro[1]Länder bei gemeinsamen Rettungsaktionen zugunsten einzelner Staaten wie bisher auf einer Beteiligung des IWF besteht, ist ein Schuldenschnitt sehr wahrscheinlich. Die Staatsanleihen weiter Teile Europas haben damit ihren Nimbus als „krisensicherer Hafen“ endgültig verloren.